Hinweis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Anpassung patentrechtlicher Vorschriften auf Grund der europäischen Patentreform

Die inhaltlichen Regelungen des Gesetzes zur Anpassung patentrechtlicher Vorschriften auf Grund der europäischen Patentreform vom 20. August 2021 (externer Link BGBl. I 2021 S. 3914) sind am 1. Juni 2023 zusammen mit dem Einheitspatentsystem in Kraft getreten (vgl. Bekanntmachung des Bundesministeriums der Justiz vom 27. Juni 2023, externer Link BGBl. I 2023 Nr. 175). Dies hat zu einer Reihe wichtiger Änderungen des Gesetzes über internationale Patentübereinkommen (IntPatÜbkG) und des Patentgesetzes (PatG) geführt. Auf die aus Sicht des DPMA zentralen Änderungen soll nachfolgend hingewiesen werden:

1. Anpassung des IntPatÜbkG an das Einheitspatentsystem
a. Neugestaltung des Doppelschutzverbots zum 1. Juni 2023

Bis zum 31. Mai 2023 bestand nach deutschem Recht das Verbot des doppelten Schutzes (sog. „Doppelschutzverbot“) für nationale Patente und europäische Patente. Danach konnte eine Erfindung, für die demselben Erfinder mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland ein europäisches Patent mit derselben Priorität und demselben Umfang erteilt wurde, nicht zugleich durch ein nationales Patent geschützt werden. Das nationale Patent wurde wirkungslos, wenn dem Erfinder für dieselbe Erfindung ein europäisches Patent erteilt wurde, das nicht mehr im Rahmen eines Einspruchsverfahrens widerrufen werden konnte.

Dieses Doppelschutzverbot ist zum 1. Juni 2023 grundlegend neugestaltet worden.

Grundsätzlich ist es seit dem 1. Juni 2023 möglich, neben einem europäischen Patent oder einem europäischen Patent mit einheitlicher Wirkung (sog. „Einheitspatent„) ein nationales Patent zu haben (vgl. Artikel II § 8 IntPatÜbkG). Das Doppelschutzverbot gilt nur noch in Bezug auf europäische Patente, die auf Grund der Inanspruchnahme der Ausnahmeregelung des Artikels 83 Abs. 3 EPGÜ nicht der ausschließlichen Gerichtsbarkeit des Einheitlichen Patentgerichts („EPG“) unterliegen (sog. „Opt Out“). Nur noch in diesem Fall verliert ein gegenstandsgleiches nationales Patent seine Wirkung; d.h. es kann kein „Doppelschutz“ erlangt werden. Sofern hingegen kein Opt Out erklärt wird und das europäische Patent weiterhin in die ausschließliche Gerichtsbarkeit des EPG fällt, hat das nationale Patent neben dem europäischen Patent weiter Wirkung.

Dieser Doppelschutz unterliegt jedoch unter bestimmten Voraussetzungen der Einrede der doppelten Inanspruchnahme (Artikel II § 18 IntPatÜbkG). Hierbei handelt es sich um einen „Schutzmechanismus für Beklagte„. Beklagte in Verletzungsverfahren können damit eine doppelte gerichtliche Inanspruchnahme aus einem nationalen Patent vor den nationalen Gerichten und einem europäischen Patent oder einem Einheitspatent vor dem EPG vermeiden.

Daneben besteht nach wie vor die Möglichkeit, gleichzeitig ein deutsches Gebrauchsmuster anzumelden oder aus einer europäischen Patentanmeldung mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland ein deutsches Gebrauchsmuster abzuzweigen.

b. Weitere zentrale Rechtsänderungen

Zudem wurden in Artikel II IntPatÜbkG die §§ 15 bis 20 neu eingefügt. Darin wird geregelt, welche bestehenden Vorschriften des IntPatÜbkG auf das Einheitspatent Anwendung finden, und es werden neue Vorschriften eingefügt. Diese neuen Vorschriften betreffen unter anderem das Verhältnis von europäischen Patenten und Einheitspatenten, ein sog. „Sicherheitsnetz für Patentinhaber“ in Fällen, in denen die einheitliche Wirkung versagt wird, den Rechtsrahmen für Zwangslizenzen sowie den Verzicht auf das Einheitspatent:

  • Artikel II § 15 Absatz 2 IntPatÜbkG enthält eine zentrale Bestimmung, mit der eine Koexistenz von europäischen Patenten und Einheitspatenten in der Bundesrepublik Deutschland ausgeschlossen wird. Dort wird geregelt, dass die Wirkung des europäischen Patents für die Bundesrepublik Deutschland mit dem Tag der Veröffentlichung des Hinweises auf die Erteilung des europäischen Patents im Europäischen Patentblatt durch das Europäische Patentamt („EPA“) als nicht eingetreten gilt, wenn die einheitliche Wirkung des europäischen Patents in das Register für den einheitlichen Patentschutz eingetragen wird.
  • Artikel II § 15 Absatz 3 IntPatÜbkG sieht ein sog. „Sicherheitsnetz für Patentinhaber“ für den Fall der Zurückweisung des Antrags auf einheitliche Wirkung vor. In diesem Fall besteht in der Regel ein Interesse des Patentinhabers, sein Schutzrecht in Form eines europäischen Patents aufrechtzuerhalten. Mit dieser Sonderregelung zur Bestimmung der Fälligkeit der nationalen Jahresgebühren wird sichergestellt, dass noch eine rechtzeitige Zahlung dieser Gebühren für das europäische Patent mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland möglich ist.
  • Artikel II § 16 IntPatÜbkG stellt klar, dass Einheitspatente im Hinblick auf die nationalen Vorschriften für Zwangslizenzen (§ 24 PatG) wie nationale Patente zu behandeln sind.
  • Artikel II § 17 IntPatÜbkG stellt klar, dass das deutsche Recht (§ 20 Absatz 1 Nummer 1 PatG) bei einem Verzicht auf das Einheitspatent keine Anwendung findet und der Verzicht demnach auch nicht gegenüber dem DPMA erklärt werden kann.


2. Anpassung des PatG an das Einheitspatentsystem

Das Gesetz zur Anpassung patentrechtlicher Vorschriften auf Grund der europäischen Patentreform bringt zudem eine Änderung des PatG mit sich. Ab dem 1. Juni 2023 enthält das vom DPMA geführte Register (DPMAregister) auch Informationen zum Einheitspatent (§ 30 Absatz 1 Satz 3 PatG). Im Register werden seit dem 1. Juni 2023 vermerkt:

  • der Tag der Eintragung der einheitlichen Wirkung eines europäischen Patents in das Register für den einheitlichen Patentschutz (vgl. Artikel 3 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1257/2012), sowie
  • der Tag des Eintritts der Wirkung des Einheitspatents; das ist der Tag der Veröffentlichung des Hinweises auf die Patenterteilung im Europäischen Patentblatt durch das EPA (Artikel 4 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1257/2012).

Das DPMA hat sich ferner zur Information der Öffentlichkeit dafür entschieden, auch den Tag, an dem der Antrag auf einheitliche Wirkung gestellt wurde, im Register zu vermerken.

Diese Daten werden dem DPMA vom EPA mitgeteilt und im Register unter der Rubrik „Verfahrensdaten“ angezeigt. Praktische Tipps zur Recherche im Register finden Sie auf der Startseite von DPMAregister.

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