| Europäisches Patentamt

Beachtliche Patentaktivität kleiner Deep-Tech-Unternehmen in Europa, aber geringer als in den USA

Deep tech innovation in smart connected technologies

Der heute veröffentlichte
gemeinsame Bericht des Europäischen Patentamts (EPA) und der Europäischen
Investitionsbank (EIB) mit dem Titel „Deep tech innovation in
smart connected technologies
“ erläutert, auf welche besonderen Hindernisse kleine
Unternehmen bei der Entwicklung fortschrittlicher digitaler Technologien in der
EU stoßen. Cloud-Computing, das Internet der Dinge, 5G-Netze und künstliche
Intelligenz werden oft als Technologien der Industrie 4.0  bezeichnet. Sie bilden einen wichtigen Teil
der Deep Technology. Nach der digitalen Revolution verschmelzen in der vierten
industriellen Revolution (4IR-Technologien) nun neue Technologien die
physische, digitale und die biologische Welt. Der neue Bericht enthält
Empfehlungen, wie das Wachstum von EU-Unternehmen weiter angekurbelt und
Deep-Tech-Innovationen in der EU gefördert werden können.

EPA-Präsident
António Campinos: „Vom Internet der Dinge über Cloud-Computing und 5G bis hin
zu künstlicher Intelligenz – Innovationen bei intelligenten vernetzten
Technologien verändern den Status quo weltweit in rasantem Tempo. Kleine, aber
hochinnovative europäische Unternehmen können Europas Wettbewerbsposition bei
den digitalen Technologien entscheidend stärken. Die Studie zeigt, mit welchen
Strategien und in welchem Geschäftsumfeld diese Unternehmen aufblühen.“

EIB-Vizepräsident
Ricardo Mourinho Félix: „Neue intelligente vernetzte Technologien werden die
Wirtschaftsleistung der Europäischen Union bis 2030 um 2,2 Billionen Euro
steigern. Europäische Unternehmen sind internationalen Firmen dicht auf den
Fersen, und wir müssen in Deep-Tech-Innovationen investieren, um Europa bei
fortschrittlichen digitalen Technologien noch wettbewerbsfähiger zu machen. Die
EIB-Gruppe und ihre Partner stehen bereit, um private und öffentliche
Investitionen zu mobilisieren. Wir wollen, dass Firmen, die diese Technologien
entwickeln, florieren.“

Number of 4IR international patent families, by country or region

Gemäß der Studie ist bei den
4IR-Technologien, die hauptsächlich intelligent vernetzte Geräte betreffen,
eine starke globale Patentaktivität kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) in
Europa zu verzeichnen: 15 Prozent der internationalen Patentfamilien
(Patentanmeldungen, die in mindestens zwei Ländern oder bei einem regionalen
Patentamt eingereicht werden) entfielen auf die EU-27. Diese leisteten damit
nach den USA und Japan den drittgrößten Beitrag zu internationalen
Patentfamilien. Zwischen 2010 und 2018 – dem Berichtszeitraum der
Studie – stieg die Patentaktivität von KMU in der EU für diese
Technologien rasch an, jährlich um durchschnittlich fast 20 Prozent.

Trotz solider Patentaktivität
weisen die EU-Länder gemessen an ihrer Innovationsfähigkeit insgesamt den
geringsten Spezialisierungsgrad bei den 4IR-Technologien auf. Die bedeutendsten
globalen Innovationszentren wie die USA, Japan, China und Südkorea sind in
diesem Bereich am stärksten spezialisiert.

In absoluten Zahlen hinkt Europa den Vereinigten Staaten
auch bei der Anzahl der KMU hinterher, die 4IR-  Technologien entwickeln. In den USA
meldeten 6 517 kleine Unternehmen Patente für intelligente vernetzte
Geräte an, in der EU waren es mit 2 634 nicht einmal halb so viele.

In der EU sind die meisten KMU, die 4IR-Technologien entwickeln, in Deutschland (570), Frankreich (400) und Italien (273) angesiedelt. Einige kleinere EU-Länder, wie Finnland, Schweden, Irland und Dänemark, schneiden im Verhältnis zu ihrer Größe besser ab als andere EU-Länder und sogar als die USA, da dort viele kleine 4IR-Unternehmen angesiedelt sind. Außerhalb der EU schneiden auch das Vereinigte Königreich, die Schweiz und Norwegen außergewöhnlich gut ab.

Drei
Viertel der kleinen und mittleren Deep-Tech-Unternehmen in der EU und den USA,
die 4IR-Technologien entwickeln, nennen den fehlenden Zugang zu Finanzmitteln
und den Mangel an qualifizierten Fachkräften als Bremsfaktoren für ihr
Geschäft.

Laut
der Studie haben diese Unternehmen sowohl in der EU als auch in den USA eine
überdurchschnittlich hohe Investitionsintensität und mehr Entwicklungskosten.
Zudem brauchen sie Zeit, um ihre Innovationen auf den Markt zu bringen.

So
betrachten 49 Prozent der KMU, die 4IR-Technologien entwickeln, Patente
als sehr wichtig, um an Finanzierungen zu gelangen, und 80 Prozent
berichten, dass ihre Investoren Wert auf eine Strategie für geistiges Eigentum
legen.

Unternehmen in Europa und den USA ähneln sich statistisch
gesehen in puncto Größe und Alter: 80 Prozent der europäischen 4IR-KMU
haben weniger als 50 Beschäftigte, und 42 Prozent bestehen seit weniger
als zehn Jahren. Sie sind in den Bereichen Gesundheit, Verkehr, Cleantech und
Datenanalyse aktiv und häufig im verarbeitenden Gewerbe tätig
(44 Prozent).

Kleine und mittlere Unternehmen haben mit 16 Prozent
in den USA einen größeren Anteil an der gesamten 4IR-Patentaktivität als in
Europa, wo sie auf die gesamte EU bezogen nur 10 Prozent ausmachen.

Europäische KMU, die 4IR-Technologien entwickeln,
betrachten die EU und die USA als primäre Wachstumsmärkte: 57 Prozent der
Unternehmen nennen Europa als Spitzenmarkt für Wachstum, 24 Prozent wollen
sich künftig eher in Richtung USA orientieren. US-Unternehmen bevorzugen
dagegen eher den US-Binnenmarkt für ihr aktuelles und künftiges Wachstum. Nur
10 Prozent von ihnen betrachten Europa als künftigen Primärmarkt.

Das EPA und die EIB schlagen
aufgrund von Daten, Feedback und Fallstudien mehrere strategische Tools vor,
die Innovationen für vernetzte Technologien in Europa ankurbeln können.

Eine der wichtigsten Empfehlungen betrifft
Innovationsfinanzierungen:

  • gezielte Zuschüsse und
    frühzeitige Einführungsstrategien für 4IR-Start-ups, kombiniert mit größeren
    Finanzierungsrunden für Unternehmen in späteren Entwicklungsphasen. Die EIB-Gruppe
    bietet Instrumente an, die die Finanzierungslücke für innovative Unternehmen in
    der EU schließen. Neben Investitionen des EIF in Risikokapital- und
    Scale-Up-Fonds in der EU fördert die EIB Innovationen in Form von
    Investitionsberatung für den European Innovation Council Fund (Zuschüsse und
    Eigenkapital) sowie in Form von Direktinvestitionen über
    Risikokapital-/Quasi-Eigenkapital-Instrumente für ein großes Portfolio von
    innovativen Vorhaben.
  • Die Marktfragmentierung in der
    EU und der fehlende Zugang zu Spitzentalenten bremsen die Unternehmen weiterhin
    aus: Eine bessere europäische Zusammenarbeit beim geistigen Eigentum, wie etwa
    durch die Einführung des Einheitspatents in der EU, ist begrüßenswert. Die
    Studie empfiehlt unter anderem, digitale Kompetenzen zu fördern und mehr
    Bildungs- und Berufsbildungsmöglichkeiten in diesem Bereich anzubieten.

Die EPA-EIB-Studie ist Teil des
stetigen Engagements des EPA für das Wachstum von KMU und den digitalen Wandel
in Europa. Laut Patentindex 2021 des EPA stammte eine von fünf aus Europa
eingereichten Patentanmeldungen beim EPA von einzelnen Erfindern oder
Erfinderinnen oder von KMU (weniger als 250 Beschäftigte).

Eine weitere EPA-Studie aus dem Jahr 2021 beleuchtet
die wirtschaftlichen Vorteile von geistigem Eigentum, besonders für kleine Unternehmen.
Sie zeigt, dass KMU, die geistiges Eigentum besitzen, einen um 68 Prozent
höheren Umsatz pro beschäftigter Person verzeichnen als Unternehmen ohne
geistige Eigentumsrechte.

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